kulturtafel

Lesezeichen

„Nicht nur zu Weihnachten“

Marianne Jauernig-Revier liest Heinrich Böll

Im Dezember 1917, also vor genau einhundert Jahren, wurde der spätere Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll in Köln geboren. Seine Romane und Erzählungen gehören zum Literaturkanon der Deutschen. Bölls präzise Satiren entlarven unsere Gesellschaft auf höchst vergnügliche Weise. Das gelingt ihm auch trefflich mit seiner hinreißend komischen Erzählung „Nicht nur zur Weihnachtszeit“.
Hier nimmt Heinrich Böll die restaurativen Tendenzen im Nachkriegsdeutschland satirisch aufs Korn. Im Mittelpunkt steht Tante Milla, Ehefrau des Onkels des Erzählers, die das Weihnachtsfest im ersten Nachkriegsjahr endlich wieder so feiern möchte, wie vor dem Krieg. Leider verfällt sie daraufhin in den Wahn, fortan jeden Tag pünktlich um 18.30 Uhr mit der ganzen Familie und mit allem Drum und Dran Heiligabend zu feiern. Natürlich zeigen sich nach einigen Wochen bei einigen Familienmitgliedern Fluchtgedanken, wie auch nicht? In dieser verewigten Weihnachtsfeier fängt Böll die Atmosphäre seiner Zeit ein, die eher auf Bewahrung, als auf Erneuerung zielte. Und der Engel auf dem Weihnachtsbaum flüstert unermüdlich Friede – Friede – Friede.